Haushaltsrede 2022 im Gemeinderat Wertheim

Am 13.12.2021 hielt unser Fraktionsvorsitzender, Richard Diehm, die Haushaltsrede für das Jahr 2022 im Gemeinderat Wertheim.

Es gilt das gesprochene Wort. Die gesamte Rede finden Sie als Download zudem hier: Haushaltsrede 2022_GemeinderatWertheim

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Herrera Torrez,
Verwaltungsmitarbeiter, Bürgerschaft, werte Kolleginnen und Kollegen des GR.
Investitionen in einer Kommune sind langfristige konsumptive Ausgaben, welche überwiegend durch Steuereinnahmen finanziert werden. Umso wichtiger ist, diese verantwortungsvoll in unsere Familien-, Bildungs-, Kultur- und Infrastruktur sowie in den Klimaschutz zu investieren.
Eine Gebühr ist im Gegensatz zu der Steuer immer zweckgebunden. Steuereinnahmen hingegen dienen dem Allgemeinwohl. Das heißt für uns, den Blick mehr auf Ertrag und Aufwand zu richten und möglichst viel Gemeinwohl aus unseren Investitionen zu generieren.
Alle kommunale Aufgaben sind in Summe gesehen immer ein Optimierungsproblem, und da wir unsere Stadt gestalten wollen, was einhergeht mit der kulturellen Fortentwicklung, sollten wir lernen Probleme auch mal aus ganz anderen Perspektiven anzusehen und zu Ende denken oder vom Ende her zu betrachten. Eine ganzheitliche Betrachtung unseres Handelns ist unumgänglich.
Soviel der Vorrede, kommen wir nun zu unserem Haushalt.
Wir Grüne stehen ohne „wenn und aber“ hinter den Investitionen für den Ausbau der Kindergärten und Kleinkindbetreuung im Stadtgebiet und auf den Ortschaften. Somit kommen wir unserer Verantwortung gegenüber jungen Familien nach, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Mit dem in der Haushaltsklausur modifizierten Familienpass haben wir ferner ein Instrument, welches auch Kindern aus einkommensschwachen Familien den Besuch eines Kindergartens, aber auch die Teilhabe an anderen öffentlichen
Einrichtungen und Veranstaltungen ermöglicht. Das zeichnet eine familienfreundliche Kommune aus.
Dem Familienbericht 2020 des Main-Tauber-Kreises ist zu entnehmen, dass es zum Stichtag 31.12.2020 in Wertheim 14.064 Haushalte gab, davon 2.186 Haushalte mit Kindern und hiervon wiederum 735 alleinerziehende Haushalte. Vor diesem Hintergrund gewinnt für uns das wirklich gute Betreuungsangebot durch die Kirchen und die Stadt und unser Familienpass eine ganz andere Bedeutung.
Mit unseren Investitionen in unsere Schulen, wie digitale Medienausstattung , die geplante Dreifachsporthalle und vieles mehr setzen wir auch hier ein Zeichen, dass wir gerne bereit sind in die Bildung unser Jugend und die ist schließlich unser Zukunft zu investieren. An dieser Stelle sei nochmals auf die Belange der Schule „Unteres Taubertal“ hingewiesen, zu prüfen ob eine An- bzw. Eingliederung in das neue Grundschulgebäude am Gymnasium möglich ist. Eine Integrierung dort wäre für uns gelebte Inklusion.
Dass der Landesregierung eine gute Ausstattung der Schulen mit Lernmitteln und einer schnellen Internetanbindung wichtig ist, lässt sich auch an der Zuweisung in Höhe von nahezu 2,5 Mio. € erkennen.
Noch höher ist im übrigen die Förderung durch Bund und Land für die Kindergärten mit immerhin 3,6 Mio. €.
Die deutliche Erhöhung der kommunalen Investitionspauschale von 77,- € auf 97,- € pro Kopf führt ebenfalls zu einer Mehreinnahme von 455 Tsd. €. Sie sehen also, das Land lässt die Kommunen nicht im Stich.
Einer guten und nachhaltigen Nutzung zugeführt wird hoffentlich bald unser Leuchtturmprojekt „Neue soziale Mitte“ auf dem Reinhardshof. Wir Grüne standen und stehen von Anfang an zu diesem Projekt.
Herr Oberbürgermeister, werte Kolleg/ innen,
ich habe kürzlich am Arbeitskreis Sucht und Gewaltprävention und an der Familienkonferenz teilgenommen.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass das Personal in den Kindergärten, Schulen und Beratungseinrichtungen, auch bedingt durch die Corona-Pandemie, oftmals an der Grenze der Belastbarkeit arbeiten. Auch wenn wir explizit nicht für Jugendhilfe und Beratungsangebote zuständig sind, hier sollten und müssen wir nachsteuern. Der Bedarf an psychischer und pädagogischer Betreuung für unsere Kinder und Jugendlichen an den Schulen aber auch in der Freizeit ist immens. Lassen sie uns eine vorbildhaftes Wertheim schaffen und spätestens mit der Eröffnung der „Neuen sozialen Mitte“ in weiteres Personal investieren. Der Aufwand ist überschaubar, der Ertrag für das Gemeinwohl kann ins Unermessliche steigen. Die Zustimmung der Grünen Fraktion ist ihnen sicher. Wenn Präventionsarbeit funktioniert ist sie erst einmal nicht sichtbar. Keine Präventionsarbeit bedeutet oftmals steigende Kriminalität, Kosten für Nachsorge wie Therapien und vieles mehr.
Ein kurzer Blick zur TWG. Dem Aufwand und Ertrag steht unsere Fraktion mehrheitlich skeptisch gegenüber. Und damit der Aufwand nicht immer mehr steigt fordern wir zukünftig eine Deckelung des Zuschusses an die TWG.
Kommunalpolitisch gesehen haben wir jetzt Halbzeit und wie bei jeder Sportart nutzen der Trainer und die Spieler die Pause, um die erste Halbzeit zu analysieren und um gegebenenfalls Veränderungen oder taktische Umstellungen vorzunehmen.
Die Analyse fällt vermutlich für jeden Spieler hier im Gremium unterschiedlich aus.
Wir als Grüne Fraktion haben feststellen dürfen, dass wir mit dem Ziel unseres neuen Trainers M-H-Torrez zwar einverstanden sind, jedoch mit den taktischen Spielzügen, da hadern wir schon das eine oder andere mal.
Zum Beispiel die Einwohnerzahl Wertheims stabil zu halten, evtl. auch in begrenztem Umfang zu wachsen. Das ist in Ordnung für uns. Aber der Aufwand für die ständige Ausweisung von Neubaugebieten ist hoch. Zu Ende gedacht stellen wir fest, dass wir enorme Investitionen in Straßen, Abwasser und Versorgungsleitung machen, welche mit weiterem Aufwand auch zukünftig unterhalten werden müssen. Der Ertrag, roundabout gleichbleibende Einwohnerzahlen und Familien in Neubaugebieten auf der grünen Wiese, welche in der Anonymität versinken.
Immerhin wurde auf unseren Hinweis der Spieler „Kommunale Wohnbauförderung“ aus dem Spiel genommen, jedoch ist ein verstärktes Engagement in die Offensive „Hofreitenprogramm“ leider ausgeblieben.
Aber mit etwas mehr Aufwand bzw. mehr Offensivgeist in unsere Innenverteidigung bzw. Innenentwicklung der Ortskerne würden wir das erreichen, was unser Ziel und gleichzeitig auch unser Ertrag ist, nämlich mit den vorhandenen Ressourcen wie Straßen etc. eine Belebung und somit Ausbluten der Ortskerne zu verhindern. Sonst werden über kurz oder lang auch noch die letzten Bäcker, Metzgerfilialen und Lebensmittelmärkte, soweit noch in den Dörfern vorhanden, ihr Pforten schließen.
Aber genau das sind die Potentiale, um die Ortskerne mit ihrer Infrastruktur zu stützen und am Leben zu erhalten. Gerade ob der vielen Bautätigkeiten und derer welche aktuell in der Pipeline sind und der von uns im Mai beschlossenen Teilnahme an der Wohnraumoffensive BW, deren Untersuchungsergebnisse uns noch nicht vorliegen, wäre ein Break bei der Fortführung des Neubaugebietes auf der Bestenheider Höhe erst mal der richtige Weg gewesen. Ebenso muss eine Evaluierung der bisher in den verschiedenen Dörfern durchgeführten Projekte „Innen vor Außenentwicklung“ erfolgen. Ansonsten war das nur Arbeit für die Schublade oder den Papierkorb.
In Nassig umgesetzt, in Waldhausen im Aufbau, in Lindelbach leider so gut wie gescheitert. Wir Grüne begrüßen die „Nahwärmeoffensive“ unseres Trainers im Zusammenspiel mit den Stadtwerken und der vom Land finanzierten Wärmeleitplanung. Der Aufwand wird sich für unsere Nachwelt ebenso lohnen wie unsere zukünftigen Investitionen in Photovoltaikanlagen.
Ähnlich die Situation auf dem Spielfeld der Gewerbeflächenentwicklung.
Die Ressourcen auf dem Gebiet der Stadt Wertheim sind endlich, deshalb ist es um so bedauerlicher, dass die Grundsteuer C leider erst im Jahr 2025 kommen wird. Umso wichtiger ist es unserer Ansicht nach, dass wir mit den Grundstückseigentümern der leer stehenden Fabrikgebäude und brach liegenden Grundstücke in Werth-Bestenheid ins Gespräch kommen, um diese zum Wohle aller einer Nutzung zuzuführen. Wie in vielen anderen Kommunen in Deutschland längst umgesetzt, so sollten auch wir uns der Einstellung eines Leerstands- oder Flächenverbrauchsmangers nicht verwehren. Sonst haben wir irgendwann alles zubetoniert.
An dieser Stelle darf aber auch der Dank an unseren Trainer H. OB Herrera-Torrez und sein Team für die erfolgreiche Teilnahme am Programm „Zukunftsfähige Innenstädte“ nicht fehlen. Wenn auch vorerst nur ein erstes Etappenziel erreicht wurde, sie können auf unsere und wohl auch auf die Unterstützung des gesamten Gremiums zählen. Ob wir dem Vorschlag der CDU-Fraktion zum Bau einer weiteren Brücke über die Tauber folgen können bleibt offen, sind doch hiermit schon wieder Folgekosten für die Unterhaltung auf Jahrzehnte hinaus gebunden.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen,
an gleicher Stelle hatte ich letztes Jahr auf die vielen Zuschussmöglichkeiten für den Bau von Radwegen hingewiesen. Deshalb begrüßen wir Grüne außerordentlich den Einkauf des Spielers Namens Radwege-Maßnahmenkatalog, auch wenn dieser noch einige Zeit benötigt um seine Effektivität ausfahren zu können. Manchmal braucht es halt einen langen ja sehr langen Atem, um das Ziel zu erreichen. Bei möglichen Zuschüssen von bis zu maximal 90 Prozent können wir mit den 50 Tsd. € in den nächsten Jahren richtig viel bewegen. Eine vernünftige Radwegeinfrastruktur schafft auch mehr Möglichkeiten für den Klimaschutz und kann umweltfreundlichen Fahrradtourismus fördern.
Nicht vergessen wollen wir den Hinweis auf unseren Mainhafen mit seinem Gleisanschluss. Hier sollten wir mehr Engagement seitens des Pächters auf höhere Güterumschlagszahlen zu Wasser und auf der Schiene einfordern. Dafür könnte dieser wiederum einen entsprechenden Bonus erhalten.
Zum Klimaschutz gehört natürlich global denken, lokal handeln. Bei der Weltklimakonferenz Anfang November in Edinburgh haben sich alle großen Staatsmänner und -frauen mit ihren Brandreden zum Klimaschutz nahezu überboten. Außer blablabla, wie es der Britische Premierminister Boris Johnson eindrucksvoll vor laufenden Kameras gesagt hat und dem festhalten am Pariser Klimaschutzabkommen, ist leider nicht viel mehr dabei herausgekommen. Auch wir haben uns auf unseren Antrag hin Mitte 2019 zum Pariser Klimaschutzabkommen bekannt. Also sollten wir die Spielwiese Klimaschutz mit all unseren Möglichkeiten bespielen. Dazu gehört auch Nachhaltigkeit im Hochbaubereich und Innen- vor Außenentwicklung. Pro Tonne Zement werden 600 kg CO2 in die Atmosphäre geblasen. Jedes Gebäude, sei es in kommunalem oder in Privatbesitz, jeder Kindergarten, jedes Schulgebäude, Scheune oder Wohnhaus, das nicht abgerissen und statt dessen saniert wird, ist gelebte Nachhaltigkeit und somit aktiver Klimaschutz. Eine Sanierung statt Neubau des Feuerwehrhauses in Sonderriet würden wir begrüßen. Auch der Einsatz von Holz und oder regenerativen Baustoffen darf aus unserer Sicht gerne noch mehr werden. Ebenso würden wir die Einstellung eines Klimaschutzmanagers befürworten . Die Stadt Miltenberg macht es uns vor und hat einen Klimaschutzmanager, wenn auch vorerst auf 2 Jahre befristet eingestellt. Bad Mergentheim und der Landkreis leisten sich über die Hintertür des Stadtwerks Tauber-Franken eine Klimaschutzmanagerin.
Der Bedarf an elektrischer Energie wird auch zukünftig weiter steigen, sei es für die Mobilität, zur Gewinnung von Wasserstoff und vieles mehr. Windkraftanlagen hier auf Wertheimer Gemarkung sind allemal sinnvoller als lange Stromtransportwege von der Nord- oder Ostsee bis in den Süden. Eine weitere Ausweisung einer Vorrangfläche für Windkraft, wie sie auch 2009 schon mal im Gespräch war, können wir uns durchaus bei der Kreismülldeponie vorstellen.
Unsere Spieler/ Mitarbeiter aus der Verwaltung zählen im Vergleich zur Mannschaft des Landkreises nicht zu den Spitzenverdienern. Dennoch steigen unsere Personalkosten natürlich auch tariflich bedingt jährlich an. Hinzu kommen auch neue Aufgabengebiete, welche mit Stellenmehrungen einhergehen. Wir tragen all das mit, weil den meisten Mitarbeitern der Verwaltung auch bewusst ist, dass sie von den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt bezahlt werden und somit auch Dienstleister für diese sind. Klar ist aber auch, dass verwaltungsinterne Abläufe auf mögliche Einsparungen geprüft werden sollten. Bei ständig steigenden Umlagekosten an das Kommunale Rechenzentrum sollten wir die Notwendigkeit der Eigenbetriebe durchaus bei der nächstes Jahr anstehenden Klausur mit auf die Tagesordnung nehmen.
Bei ständig steigenden Baupreisen werfen wir auch schon mal den Ball einer möglichen Gewerbesteuererhöhung auf das Spielfeld.
Die Einsparungen, welche wir im Rahmen der Haushaltsklausur im Frühjahr getroffen haben, tragen wir mit obwohl wir uns eine höhere Bemessung der Hunde- und Vergnügungssteuer durchaus hätten vorstellen können.
Schlussviertel: Auf das Kommentieren von all zu viel Haushaltszahlenmaterial habe ich bewusst verzichtet, wird das doch üblicherweise von anderen Fraktionen erledigt. Aber immerhin wollen bzw. müssen wir seit vielen Jahren wieder einmal neue Schulden machen, so zumindest der Plan. Deshalb freuen wir uns natürlich, dass es nun doch keine 5 Mio. € sein sollen, sondern nur noch etwas mehr als 4,1 Mio. Dass wir die kurzfristig im Haushalt eingebrachte Erneuerung der Fenster im Rathaus erst mal mit einem Sperrvermerk versehen, halten wir durchaus für sinnvoll. Wir sind zwar nicht mit allem einverstanden, aber mehrheitlich geht der vorgelegte Haushaltsentwurf 2022 in Ordnung und deshalb werden wir zustimmen.
Dank an alle, welche an der Entstehung des Haushaltsplans mitgewirkt haben. Etwas mehr Dank noch an Dieter Friedlein und sein Team für den wie immer guten Teil „Erläuterung und Vorbericht“ sowie den sep. aufgestellten Investitionshaushalt.
Danke an alle Bürgerinnen und Bürger in Wertheim, welche sich in irgendeiner Form zu Gunsten des Gemeinwohles der Stadt Wertheim eingebracht haben.
Danke an Sie Herr OB Herrera-Torrez und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Konzern der großen Kreisstadt Wertheim
Danke an alle Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat für die mit wenigen Ausnahmen fair geführten Diskussionen und Meinungsäußerungen im Gremium.
Lassen sie mich mit einer Aussage von Prof. Lesch und unserem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann schließen.
Prof. Lesch sagte kürzlich: Wenn das Arktische Meereis schmilzt setzt die Zirkulation der Meeresströmung und des Jetstreams aus. Was dann passiert kann niemand vorhersagen. Wir gehen spannenden Zeiten entgegen.
Und im Interview mit der Schwäbischen Zeitung sagte unser MP Kretschmann:
Jetzt wartet die Welt nicht mehr auf uns.
In diesem Sinne: Danke für ihre Aufmerksamkeit.

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