Politik: Oliver Hildenbrand, der neue Landesvorsitzende der baden-württembergischen Grünen, im FN-Gespräch
„Ich freue mich auf meine neue Aufgabe“
Von unserem Redaktionsmitglied Bernhard Müller
Wertheim. „Es ist eine grosse Herausforderung und spannende Aufgabe“, sagt Oliver Hildenbrand mit Blick auf sein neues Amt. Vor einer Woche wurde der 25-Jährige in Esslingen zum Chef der baden-württembergischen Grünen gewählt. Gestern kam er zu Besuch in die Wertheimer Lokalredaktion der Fränkischen Nachrichten.
„Ich freue mich auf meine neue Aufgabe“, betont Hildenbrand. Die Partei habe ihm dieses Amt zugetraut. Das Alter sei dabei kein Kriterium, um einen solchen Posten gut ausüben zu können. „Denn ich weiss, wie die Partei tickt. Und ich habe einfach Lust, mit ihr zu arbeiten und mich einzubringen“, so der 25-Jährige. Das sei auch seine Motivation gewesen, sich um dieses Amt des Landesvorsitzenden zu bewerben.
Ein wichtiges Ziel für ihn ist es, die grün-rote Landesregierung langfristig und nachhaltig zu etablieren. Mit Blick auf die Europa- und Kommunalwahlen 2014 gelte es, gegenüber dem nicht befriedigenden Ergebnis bei der Bundestagswahl wieder Boden gut zu machen. Gerade die kommunale Verankerung durch die Ortsverbände sei „der Grundstein für den Erfolg bei der Landstagwahl in Baden-Württemberg gewesen“. Es sei beachtlich, „was die Leute hier bewegen“. Deshalb wolle er die Ortsverbände besuchen und stärken. Erst am Abend zuvor war er in der Kreisversammlung der Grünen in Wertheim mit dabei gewesen.
Zur Person
Vor einer Woche ist Oliver Hildenbrand auf dem Parteitag in Esslingen zum neuen Vorsitzenden der baden-württembergischen Grünen mit 81,5 Prozent der Stimmen gewählt worden.
Geboren wurde Oliver Hildenbrand am 10. Februar 1988 in Wertheim. Er wuchs in Wessental auf und besuchte die Eichwald-Grundschule in Rauenberg. 2007 legte er am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium erfolgreich das Abitur ab.
Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr im Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen absolvierte er ein Bachelor-Studium in Psychologie in Bamberg und nahm danach das Master-Studium in Psychologie in Bonn auf.
Seit kurzem wohnt der 25-Jährige in Stuttgart. Seinen Hauptwohnsitz hat der ledige Hildenbrand, der aber „in festen Händen ist“, nach wie vor in Wessental.
Seine politische Laufbahn begann 2004 in Wertheim, als er in der Stadt die Grüne Jugend mit begründete. Danach war er auch im Orts- und Kreisverband engagiert und aktiv.
2006 ging Oliver Hildenbrand mit gerade mal 18 Jahren als jüngster Kandidat ins Rennen um die Landtagswahl.
Von 2007 bis 2011 war er Landessprecher der Grünen Jugend Baden-Württemberg.
Im Jahr 2011 wurde Hildenbrand als Mitglied in den Landesvorstand der Partei gewählt. Seit 9. November 2013 steht er nun gemeinsam mit der 44-jährigen Thekla Walker an der Spitze der baden-württembergischen Grünen. Der junge Politiker wird dem linken Flügel seiner Partei zugeordnet. ber
Junge Leute für Politik begeistern
Als junger Mensch sei es ihm gerade ein wichtiges Anliegen, wieder mehr junge Leute für Politik und die Ziele der Grünen zu begeistern. Dies müsse auch vor dem Hintergrund geschehen, dass man bei der Bundestagswahl gerade in der Altersgruppe der Jüngeren an Stimmen und Zustimmung verloren habe. Die Debatte um die „Verbotspartei“ habe geschadet.
Deshalb müsse man „die Grünen wieder als offene, moderne und coole Partei darstellen“, erklärte der Landesvorsitzende. Es gelte, die Partei nicht nur über die Themen ökologie und Energiewende zu definieren. Die Partei müsse für Bürgerrechte, Freiheit und soziale Gerechtigkeit stehen und als eine Partei, die jungen Menschen in der Politik etwas zutraut. Nicht umsonst habe man für die Kommunalwahl 2014 das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt.
Aufgewachsen in Wessental, bringe er die Perspektive für den Ländlichen Raum mit und wolle die Anliegen und die anstehenden Themen in die grün-rote Landesregierung mit einbringen. „Ich weiss aus eigener Erfahrung und aus Sicht des Main-Tauber-Kreises, was den Ländlichen Raum insgesamt bewegt“, betont Hildenbrand.
Keine leeren Versprechungen
Er wolle aber keine leeren Versprechungen abgeben, wie das häufig von den Vorgängern in der Regierung gemachten worden sei. Denn wer etwas verspreche, müsse dann sagen, woher das Geld komme. Das gelte beispielsweise auch für den Ausbau der A 3. Hier müsse der Bund für die nötige Finanzausstattung sorgen.
Er habe keinesfalls etwas gegen das Autofahren oder den Strassenbau. Doch gelte hier der Grundsatz „Erhalt vor Aus- und Neubau“. Und die dafür benötigen Mittel müssen zur Verfügung stehen. Mit dem von der Regierung festgelegten Kriterienkatalog habe man erstmals eine objektive, faire und transparente Lösung gefunden. Damit gebe es keine politische Gewichtung, wo Projekte umgesetzt werden.
Ebenso sei die Realisierung der Ortsumfahrung Freudenbergs aus lokaler Sicht sicherlich ein ganz wichtiges Problem und nachvollziehbar. Aber auch hier müsse man angesichts der Kosten immer die Gesamtlage betrachten. Er werde sich aber dafür einsetzen, dass Verkehrsminister Winfried Hermann die Verkehrsproblematik vor Ort ansehen soll.
Selbstkritisch habe man sich in der Halbzeitbilanz der grün-roten Regierung beim Parteitag mit dem Thema Bildungspolitik auseinandergesetzt. Das ist eine „offene Baustelle“, dessen sei man sich bewusst, räumte der Landesvorsitzende ein. Wahrscheinlich habe man hier zu viel auf einmal umsetzen wollen. Es sei nun müssig darüber zu spekulieren, ob es besser gewesen wäre, zuerst die Regionale Schulentwicklung einzuführen und dann erst die Gemeinschaftsschulen zu etablieren. Da habe er Verständnis für den aufgekommenen Unmut. Andererseits finde er es beachtlich, dass keine ideologische Diskussion über die Frage des gemeinsamen Lernens entbrannt sei. Damit sei auch der Schulfriede nicht gestört worden.
„Bei der Windenergie wollen wir grünes Licht geben“ und nicht die rote Laterne haben, wie das bei der Vorgängerregierung der Fall gewesen sei, unterstreicht der Psychologie-Student, der vor dem Master-Abschluss steht. Bis Ende der Legislaturperiode wolle man 1000 neue Windräder in ganz Baden-Württemberg haben, nicht nur im Main-Tauber-Kreis, wie Hildenbrand schmunzelnd anmerkte.
Grünes Licht für Windenergie
Bei der Windenergie gebe es sicherlich Zielkonflikte. Etwa in Hinsicht auf den Artenschutz. Der habe rechtlich eine hohe Stellung und werde eingehalten und geprüft. Die Windenergie müsse aber auf jeden Fall vorangebracht werden, weil es hier um den Klimaschutz gehe, der dann wieder den Artenschutz tangiere.
Ebenso sei der Ausbau des Stromnetzes eine grosse Aufgabe. Auch in diesem Bereich gebe es Konflikte, in denen man pragmatisch abwägen muss, was für die Energiewende wichtig ist“, so Hildenbrand. Hier müsse man schauen, wo die Leitungen laufen können, um Mensch und Natur möglichst wenig zu beeinträchtigen.
An Arbeit wird es dem jungen Mann nicht mangeln angesichts der Aufgaben, die auf ihn warten, weiss Oliver Hildenbrand. Neben der Einrichtung seines Büros in Stuttgart gehe es aktuell darum, sich in den verschiedenen Gremien vorzustellen und seine Ziele zu erläutern. Daneben seien wichtige politisch-strategische Fragen anzugehen und zu bewältigen, auch was die kommenden Europa- und Kommunalwahlen angingen.
Dabei liege seine Perspektive besonders auf der Partei und deren Eigenständigkeit, wie sie sich im Dreieck Regierung, Fraktion und Partei präsentieren könne.
Der Terminkalender von Hildenbrand ist jedenfalls gut ausgefüllt und wird sich sicherlich noch mehr verdichten.
© Fränkische Nachrichten, Samstag, 16.11.2013